Anders als der Prozessanwalt, der einen in der Vergangenheit liegenden Sachverhalt zu beurteilen und die Rechte daraus für seinen Mandanten vorgerichtlich und ggf. vor Gericht vertritt, ist der Blick des Vertragsgestalters in die Zukunft gerichtet. Es geht um die Niederlegung des von den Vertragsparteien Gewollten, damit die gegen- und wechselseitigen Rechte und Pflichten so klar wie möglich geregelt werden. Die "Spielregeln" sollen eindeutig niedergelegt sein, um in der Zukunft keinen Streit entstehen zu lassen. Dabei ist es durchaus möglich ein Deutsch zu wählen, das auch Nichtjuristen verstehen, ohne dass die juristische Qualität des Vertrags darunter leiden müsste.
Der Jurastudent lernt im Studium nur die Anwendung des Rechts auf einen feststehenden, d.h. auf einen unstreitigen Sachverhalt. Im Referendariat lernt der Jurist dann auch mit streitigen Sachverhalten umzugehen. Sind die streitigen Sachverhaltspunkte für die Rechtsfindung von Bedeutung, dann besteht eine Beweisbedürftigkeit, wenn die beweispflichtige Partei substantiiert vorgetragen hat und die andere Partei dies substantiiert bestritten hat. Der streitige Sachverhalt muss dann durch Zeugen, Urkunden, Sachverständigengutachten oder andere Beweismittel erst noch bewiesen werden. Wurde unsubstantiiert vorgetragen oder unsubstantiiert bestritten, kommen Darlegungslastregeln zur Anwendung. Kann ein Sachverhalt nicht bewiesen werden ("non liquet") kommen Beweislastregeln des Prozessrechts zur Anwendung. Kann der Sachverhalt mit Hilfe der Beweismittel bewiesen werden oder wurde vom Prozessgegner dieser nur unsubstantiiert bestritten, dann wird der Sachverhalt vom Gericht als wahr angenommen. Das muss nicht zwingend der Wahrheit entsprechen, denn Zeugen können lügen, Urkunden können unerkennbar gefälscht sein und auch Sachverständige sind nicht frei von Fehlern. Das ist aber glücklicherweise nicht allzu häufig der Fall. Dieser Umstand und die auch leider nicht immer gegebene Unfehlbarkeit der Richter, aber auch der Anwälte, sind der Grund, warum es heißt, vor Gericht bekommt man ein Urteil, und nicht zwingend auch Recht (oder Gerechtigkeit). Oder auch: Auf hoher See und vor Gericht ... (ist man in Gottes Händen). Damit umzugehen und dem Mandanten trotz aller möglichen Widrigkeiten zu seinem Recht zu verhelfen, ist die klassische Aufgabe des Rechtsanwalts als Prozessanwalt.
Was aber weder der Jurastudent noch der Referendar in ihrer Ausbildung gelernt haben bzw. was nur als Wahlfach, aber nicht als Pflichtfach engeboten wird, ist die Vertragsgestaltung. Hier ist eine völlig andere Denkweise von Nöten. Es gibt keinen Streit zwischen den Parteien, der geschlichtet werden muss. Es gibt vielmehr die Absicht von (mindestens) zwei Vertragsparteien, eine Vereinbarung zu treffen und darin alles so klar zu regeln, dass insbesondere für den Fall des Streits der Vertrag eine klare Antwort gibt, wer welche Pflichten und/oder Rechte hat, um eben einen Streit von vornherein im Keim zu ersticken. Der Vertrag soll also die von den Parteien erbetene Antwort auf eine (zukünftige) Streitfrage geben und nicht der Richter. Das ist die Maxime nach der jeder Notar und Rechtsanwalt handelt, der sich mit der Vertragsgestaltung befasst. Es geht darum, klare Regelungen zu formulieren, die in der Zunkunft klare Antworten über die bestehenden Rechte und Pflichten geben und eben auch Hilfe bei aufkommenden Streitfragen zu Teil werden lassen.
Die Notare sind diejenigen, die von Berufs wegen mit der Vertragsgestaltung befasst sind. Dies bezieht sich aber zumeist nur auf solche Verträge, die von Gesetzes wegen zur ihrer Wirksamkeit der notariellen Beurkundung bedürfen. Dazu gehören z. Bsp. Verträge, in denen sich jemand verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, insbesondere also Immobilienkaufverträge und andere Übertragungsfälle (z. Bsp. Grundstücksschenkungen), Eheverträge, Erbverträge, die Satzung einer Aktiengesellschaft, der Gesellschaftsvertrag einer GmbH. Daneben gibt es auch das Testament, das aber bekanntlich auch eigenhändig und handschriftlich erstellt werden kann.
Daneben gibt es aber die Mehrheit von Verträgen, die keiner notariellen Form bedürfen, sondern entweder formlos, also auch mündlich abgeschlossen werden können, oder zumindest schriftlich verfasst werden müssen oder aus Beweisgründen wenigsten sollten.
Bei der Tätigkeit des Notars muss aber bedacht werden, dass dieser dem Neutralitätsgebot unterworfen ist. Er darf nur bei gleichgerichteten Interessen die Vertragsparteien beraten und muss das dann ggf. auch. Davon zu unterscheiden ist die Belehrungspflicht des Notars und die Maxime, dass der Notar einen Vertrag so einfach wie möglich, aber auch so sicher wie nötig zu gestalten hat. So darf er nicht sehenden Auges Sittenwidriges oder Treuwidriges beurkunden und muss die Parteien vor sog. ungesicherten Vorleistungen schützen, jedenfalls über Letzteres ausführlich belehren.
Liegen aber ansonsten widerstreitende Interessen vor (z. Bsp. noch fehlende Einigung über den Kaufpreis oder den Umfang des Sachmangelhaftungsausschlusses bei einem Grundstückskaufvertrag), dann darf der Notar sich nicht "auf eine Seite schlagen" und einseitig beraten. Er kann höchstens Vorschläge unterbreiten. Treffen die aber bei einer der Parteien nicht auf Zustimmung, dann kann er nur höflich und bestimmt die Parteien bitten, sich erst zu einigen und dann wiederzukommen, um den Vertrag zu beurkunden. Ggf. wird der Notar sogar vorschlagen, sich jeweils anwaltlicher Beratung zu bedienen. Seine Aufgabe ist es in erster Linie den bereits geäußerten Willen der Vertragsparteien, also das feststehende Verhandlungsergebnis zu Papier zu bringen und damit in eine juristische Form zu gießen, die den Willen der Parteien widerspiegelt. Es ist nicht die Aufgabe des Notars, die Inhalte des Vertrags mit den Parteien zu verhandeln. Zum Notar geht man daher eigentlich erst, wenn alles ausverhandelt ist und es jetzt nur noch um die Beurkundung geht.
Der Anwalt hingegen ist von Gesetzes wegen nicht neutral, sondern natürlich parteiisch. Er hat die Interessen seines Mandanten zu vertreten und nicht die des Gegenübers. Der Anwalt darf nicht nur, sondern er muss parteiisch sein. Dies gibt ihm anders als dem Notar die Möglichkeit für seinen Mandanten die Vertragsinhalte mit dem Vertragspartner (oder dessen Anwalt) zu verhandeln. Das darf der Notar eben nicht. Das ist nicht seine Aufgabe. Und das ist der Grund, warum es sogar bei Verträgen, die notariell beurkundet werden müssen, vielfach Sinn macht, einen Anwalt zuvor oder dabei zu Rate zu ziehen.